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Dienstag, 19. April 2011

Written by Susann

Die Klippen

Der Wind peitschte mir ins Gesicht. Es war eine stürmische Nacht. Ich stand am Rande einer Klippe. Allein. Und ich dachte an meine Mutter. Die Erinnerungen kamen hoch. Heute war wieder der Jahrestag. Heute vor genau drei Jahren stand ich schon einmal an dieser Klippe. Damals war es auch stürmisch. Seit diesem Tag war ich nicht mehr dieselbe. Was an jenem Tag passierte, veränderte mein Leben. Mir stiegen Tränen in die Augen, weil mir wieder ihr friedlicher Gesichtsausdruck einfiel, als sie von der Klippe stürzte. Sie sah so zufrieden und frei aus als ob sie fliegen würde. Sie war auch frei, frei von dem ganzen Schmerz, den sie die letzten Jahre gehabt hatte. Meine Mutter hatte Krebs. Das Letzte, was sie mir sagte, war: “Es tut mir leid, meine geliebte Tochter. Du musst von nun an ohne mich weiterleben. Pass gut auf deinen Bruder auf. Und denke immer daran, dass ich dich liebe. Merke dir das.“ Damals verstand ich nicht, was sie meinte. Seit mein kleiner Bruder gestorben ist, fühle ich mit ihr.
Er war es, der mich am Leben hielt. Nun, da er auch nicht mehr bei uns ist, sehe ich keinen Sinn mehr im Leben. Jetzt werde ich ihnen folgen und wieder mit allen Menschen, die ich liebe, zusammen sein. Langsam trat ich an die Klippen. Der Wind zerzauste meine Haare. Ich tat noch einen letzten ruhigen Atemzug und mit demselben friedlichen Gesichtsausdruck wie meine Mutter sprang ich über die Klippen. Das Wasser umfing mich wie eine weiche, warme Decke. Plötzlich strömte eisiges Wasser in meine Lungen. Moment mal, ich sollte das Wasser nicht spüren! Ich sollte tot sein! Plötzlich fühlte ich, wie sich zwei starke Arme um meinen Körper schlangen und mich an die Oberfläche zogen. 

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